Geschichte des IPG
Geschichte des Instituts für Psychogerontologie
Von den Anfängen bis heute
Einleitung
Das Institut für Psychogerontologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ist die einzige universitäre Einrichtung ihrer Art in Bayern und zählt innerhalb des deutschsprachigen Raumes zu den wenigen Universitätsinstituten im Bereich der sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Alternswissenschaft, die zugleich Lehre im Rahmen eines Aufbaustudiengang und grundlagenwissenschaftliche Forschung in der Gerontologie (M.Sc., Univ.) anbieten und durchführen.
Das Institut für Psychogerontologie an der Friedrich-Alexander-Universität verdankt seine Existenz dem Gründungsdirektor Prof. Dr. Oswald, der das Institut ab 1986 über 20 Jahre lang ausgebaut und geleitet hat. Seine Bedeutung erlangt das Institut dabei auch dank der umfassenden Schwerpunktbildung im Bereich der medizinischen, behavioralen und sozialen Gerontologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die als einzige Universität in Deutschland mit dem Institut für Biomedizin des Alterns (vormals Institut für Gerontologie, Direktor Prof. C. Sieber) und dem Institut für Psychogerontologie (Direktor Prof. Dr. F. R. Lang) zwei unabhängige Institute in der Alternswissenschaft unterhält.
Gerontologie an der Universität Erlangen-Nürnberg
Die Tradition der sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Alternswissenschaft und Gerontologie im Raum Nürnberg-Erlangen hat zugleich weiter zurück liegende historische Wurzeln. So wirkte beispielsweise zwischen 1953 und 1960 mit Prof. Dr. Hans Thomae einer der bedeutendsten deutschen Gerontologen als Ordinarius für Psychologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Auf Initiative unter anderem des Nürnberger Internisten René Schubert wurde 1966 in Nürnberg die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie (DGG) gegründet. Hans Thomae und der Nürnberger Soziologe Prof. Dr. Specht initiierten die Gründung einer Sektion Psychologie und einer Sektion Soziologie in der DGG 1967.
Zum 1. April 1986 wurde dann an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg zunächst das Institut für Psychologie II mit einem Schwerpunkt in der psychologischen Alternsforschung eingerichtet. Der seit 1981 auf den Lehrstuhl berufene Prof. Dr. W. D. Oswald hat bereits früh maßgeblich zu Effekten pharmakologischer Behandlung altersspezifischer Hirnleistungsstörungen geforscht sowie eine umfangreiche Nürnberger Testbatterie zur Erfassung kognitiver Leistungen und subjektiver Befindlichkeiten alter Menschen (gemeinsam mit U. Fleischmann) entwickelt.
Die Universität Erlangen-Nürnberg verfügte bereits seit den 1980er Jahren über einen der äußerst seltenen Lehrstühle für Gerontologie (Prof. Dr. Platt) und über ein Institut für Gerontologie, an dem vor allem die Biologie des Alterns erforscht wurde. Das daraus hervorgegangene Institut für Biomedizin des Alterns (Direktor: Prof. Dr. C. Sieber) widmet sich insbesondere den biologischen und medizinischen Aspekten des Alterns. Aufgrund ihrer Komplementarität bilden beide alternswissenschaftliche Institute einen besonderen Schwerpunkt im Bereich der anwendungsorientierten Gerontologie, die innerhalb des deutschsprachigen Raumes bis heute einzigartig ist.
Das Studium der Gerontologie und Psychogerontologie
Das besondere Umfeld in der Gerontologie wie auch die stetig gestiegene Nachfrage nach universitärer Ausbildung und Weiterqualifizierung im Bereich der Gerontologie legten es bald nahe, den Schwerpunkt der Gerontopsychologie, der anfangs noch dem Lehrstuhl Psychologie IV zugeordnet war, weiter interdisziplinär und in Zusammenarbeit mit Geriatrie und Gerontopsychiatrie auszubauen und schließlich einen eigenständigen, interdisziplinären Studiengang für Psychogerontologie zu gründen.
Dieses Vorhaben wurde schließlich zum Wintersemester 1986/1987 mit Gründung eines neuen Diplom-Aufbaustudiengangs für Psychogerontologie realisiert. Die Bezeichnung „Psychogerontologie“ ergab sich dabei auch aus der damals noch üblichen Trennung zwischen „medizinischer Gerontologie“ (am damaligen Institut für Gerontologie) und Gerontopsychologie (am damaligen Institut für Psychologie II).
Der Studiengang Psychogerontologie erwies sich als überaus erfolgreich und zog bald viele Studierende aus Deutschland und dem benachbarten Ausland an. Die Nachfrage nach dem universitären Abschluss und alternswissenschaftlichen Aufbaustudium war so groß, dass ein weiterer Ausbau des Faches, insbesondere im Hinblick auf die psychogerontologischen Aspekte des Alterns, notwendig und dringlich erschien.
Der Forschungsschwerpunkt Gerontopsychologie und der Aufbaustudiengang Psychogerontologie waren nach wenigen Jahren so gut an der Universität Erlangen-Nürnberg etabliert, dass die Gründung eines gemeinsamen Instituts angemessen erschien. Im Oktober 1996 gelang Prof. Oswald schließlich die Gründung des Instituts für Psychogerontologie an der Universität Erlangen-Nürnberg (IPG). Zwei Jahre zuvor war sein Lehrstuhl mit dem Schwerpunkt Gerontopsychologie von Nürnberg nach Erlangen umgesiedelt.
Mit der Gründung des Instituts für Psychogerontologie waren somit auch die Weichen für den weiteren Ausbau des Aufbaustudiums Gerontologie gelegt. Maßgeblich war dabei auch, dass es gelang, den Studiengang in Zusammenarbeit mit dem Inhaber des Lehrstuhls für Geriatrie, Prof. Dr. C. Sieber sowie mit dem Chefarzt für Geriatrie des Waldkrankenhauses, PD Dr. Gassmann in Richtung medizinischer Ausbildungsanteile fortzuentwickeln.
Der zum 1. Juli 2006 neu Inhaber des Lehrstuhls für Psychogerontologie, Prof. Dr. Frieder R. Lang, hat den bis dahin begonnenen Weg der Konsolidierung des Aufbaustudiengangs konsequent fortgeführt. Seit dem 1. Oktober 2007 wird der bisherige Aufbaustudiengang mit dem Abschluss Master of Science (Univ.) in Gerontologie angeboten, wobei die interdisziplinäre Ausrichtung des Ausbildungsangebots weiter ausgebaut werden konnte.
Die Lehr- und Forschungstätigkeit IPG profitiert von ihrer interdisziplinären Vernetzung im Bereich der Universität Erlangen-Nürnberg und in der Region. Am Aufbaustudiengang Psychogerontologie wirkten von Beginn an außer den Mitarbeitern des Instituts auch Vertreter anderer Institute der Universität mit, die ebenfalls in der Erforschung gerontologischer Themen engagiert waren und sind und auf diese Weise die große Bedeutung des Standortes Erlangen-Nürnberg für die Entwicklung der Gerontologie in Deutschland unterstreichen.
Forschung am Institut für Psychogerontologie
Seit seiner Gründung erlebte das Institut für Psychogerontologie auch eine erfreuliche Entfaltung der Forschungstätigkeit, deren Ergebnisse in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit wie in den Medien vielfältig Beachtung fanden.
Ein Schwerpunkt während der ersten beiden Dekaden des Instituts bildeten vor allem längsschnittlich, auf viele Jahre hin angelegte Forschungsprojekte zum Themenspektrum der dementiellen Entwicklung im höheren Lebensalter. Hier sind insbesondere die Studien zu Selbstständigkeit im Alter (SIMA) zu nennen, sowie die 1990 in Kooperation mit den Universitäten Bonn, Heidelberg, Leipzig und Rostock begonnene Interdisziplinäre Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE) zu nennen.
Einen weiteren bedeutsamen Forschungsschwerpunkt bildete die Arbeit an der Erstellung eines umfangreichen Inventars zur Messung unterschiedlicher Alterns- und Altersphänomene, die von Prof. Dr. Oswald gemeinsam mit Prof. Dr. Ulrich Fleischmann (heute an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt) vorangetrieben wurde. Das aus dieser Zusammenarbeit entstandene „Nürnberger Altersinventar“ (NAI) ist in seiner Vielfalt einzigartig und wurde mittlerweile in viele Sprachen übersetzt.
Ein weiterer herausragender Forschungsschwerpunkt am Institut für Psychogerontologie beschäftigte sich seit dessen Gründung mit dem Themenbereichen Verkehr und Mobilität im Alter, der seit 1992 von Prof. Dr. H. J. Kaiser systematisch aufgebaut wurde. Prof. Kaiser, als einer der führenden deutschsprachigen Experten im Bereich der Mobilitätsforschung im Alter, leitet bis heute die Medizinisch-Psychologisch-Technische-Obergutachtenstelle der Universität Erlangen-Nürnberg. Es gelang dabei Prof. Kaiser in dieser Funktion, verkehrs- und gerontopsychologische Forschung zusammenzuführen und im Rahmen mehrer erfolgreicher Forschungsprojekte (EU-Projekt SIZE, BASt-Projekt „Ansprache“) fortzuentwickeln und auszubauen.
Das Institut für Psychogerontologie hat sich auch auf der Ebene der wissenschaftlichen Fachgesellschaften für die Weiterentwicklung der Gerontologie in Deutschland aktiv eingesetzt. So war Prof. Oswald von 1998 – 2002 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG, Nachfolgerin der DGG) und Prof. Kaiser von 2000 – 2002 Geschäftsführender Vizepräsident dieser Gesellschaft. Auf Prof. Oswalds Initiative geht zudem die Gründung des Dachverbandes der Gerontologischen und Geriatrischen Wissenschaftlichen Gesellschaften Deutschlands DVGG im Jahre 2002 zurück. Das Institut verdankt Prof. Oswald schließlich auch die Gründung des Interdisziplinären Zentrums für Gerontologie (IZG) der Universität Erlangen-Nürnberg, sowie die Gründung der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft für Angewandte Gerontologie (IAAG, gemeinsam mit Prof. Kaiser).
(H. J. Kaiser/ F. R. Lang)