Age(ing) as Future
Age(ing) as Future – Future-related activities regarding age and aging in cross-cultural perspective
Die Zukunft des Alter(n)s in interkultureller Perspektive
Die multimethodische Studie untersucht in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern in Deutschland, Hongkong und den USA mithilfe qualitativer und quantitativer Methoden der Psychologie und Soziologie die für das alternsbezogene Zukunftshandeln relevanten Dimensionen der Altersbilder, der Zeitgestaltung und des Vorsorgehandelns. Im Zentrum der Analyse stehen mögliche Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen der gesellschaftlichen Ebene sich wandelnder Alters- und Zeitstrukturen und der individuellen Ebene handlungsleitender Vorstellungen, Deutungsmuster und Orientierungen. Der vergleichende Fokus auf unterschiedliche institutionelle und kulturelle Rahmenbedingungen individuellen Alterns soll es ermöglichen, die auf den deutschen Fall bezogenen Daten und Befunde methodisch abzusichern und interpretativ in den Kontext der erwartbaren Spannbreite zukunftsbezogenen Alternshandelns in hochentwickelten, postindustriellen Gesellschaften zu stellen.
VolkswagenStiftung fördert gemeinsames Forschungsprojekt der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Jena mit fast 1,3 Mio. Euro
Wie setzen sich Menschen mit dem eigenen Altern und ihrer Zukunft auseinander? Welche Rolle spielen dabei gesellschaftliche Rahmenbedingungen (Altersgrenzen, Versorgungsstrukturen) und diesbezüglich erwartete Veränderungen in alternden Gesellschaften? Diesen Fragen gehen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) im gemeinsamen Forschungsprojekt „Alter(n) als Zukunft“ auf den Grund. Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt, an dem auch drei Forschergruppen aus den USA und Hongkong beteiligt sind, mit fast 1,3 Millionen Euro und ermöglicht so die Finanzierung von sechs Stellen.
Das Alter beschäftigt schon die Jugend
Habe ich in meinem Beruf im Alter noch eine Perspektive? Wer pflegt mich, wenn ich alt bin? Und wie will ich im Alter wohnen und leben? Das sind Fragen, die noch vor einigen Jahren vor allem die Generation der über 50-Jährigen interessierten. Menschen leben immer länger, die Gesellschaft in den Industrieländern altert. Dadurch treten auch die individuellen und gesellschaftlichen Herausforderungen eines langen Lebens offensichtlicher zu Tage und interessieren zunehmend auch jüngere Menschen, die sich auf längere Lebensarbeitszeiten und eine evtl. unsichere gesellschaftliche Versorgung im Alter einstellen müssen. Die Forscherteams der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wollen daher untersuchen, wie Menschen unterschiedlichen Alters über ihr Altern und Alter denken – und wie sich dies etwa auf die Bereitschaft auswirkt, für sich oder auch für kommende Generationen zu engagieren und vorzusorgen.
Ans Alter zu denken und dafür vorzusorgen ist also nicht nur eine Frage des Alters: Vorstellungen vom hohen Alter und von altersbezogenen Veränderungen erwerben wir alle von frühester Kindheit an. Diese Altersbilder prägen nicht nur unsere Wahrnehmung von und den Umgang mit anderen älteren Menschen, sie beeinflussen auch die Erwartungen und Einstellungen, die wir zu unserem eigenen Älterwerden haben, und sie bestimmen die Aktivitäten und Planungen, mit denen wir uns auf unser eigenes Leben im Alter vorbereiten. Neben verbreiteten und allgemein geteilten Stereotypen unterscheiden sich Menschen sehr stark in ihren Altersbildern. Diese individuellen altersbezogenen Vorstellungen zu erkennen und zu verstehen ist von großer Wichtigkeit, wenn wir Unterschiede etwa in der Altersvorsorge erklären wollen. Vorsorge, so die These der Forscher, ist in jeder Lebensphase ein großes Thema. Dabei steht nicht nur die finanzielle Vorsorge im Mittelpunkt sondern auch Vorkehrungen für eventuelle Pflege, Wohnen und Lebensgestaltung.
Jeder Mensch hat verschiedene Altersbilder – von sich und den anderen
Allerdings gibt es unterschiedliche Altersbilder nicht nur zwischen den Menschen. Auch jeder Einzelne hat selbst noch einmal recht verschiedene Vorstellungen vom Altern, je nachdem welcher Lebensbereich – Freizeit, Beruf, Familie, Wohnen, Aussehen, geistige und körperliche Fitness etc. – in den Blick genommen wird. „Es gibt also nicht das eine Altersbild“, sagt der Psychologe Prof. Dr. Klaus Rothermund von der Universität Jena. „Und der Einzelne fühlt sich in verschiedenen Bereichen unterschiedlich alt“, ergänzt sein Kollege, der Jenaer Soziologe Prof. Dr. Stephan Lessenich. Das neue Projekt untersucht daher sehr differenziert, wie Menschen das Alter wahrnehmen, was genau sie dazu bewegt, für später vorzusorgen und wie sie ihre Zeit im Alter gestalten.
Die Beschäftigung mit der eigenen Endlichkeit bewegt viele Menschen sehr viel früher als gemeinhin angenommen: „Von Jugendwahn keine Spur: Junge Leute setzen sich heute früher mit dem eigenen Altern auseinander – und treffen gezielte Entscheidungen für ihr Leben im Alter „, meint Prof. Dr. Frieder R. Lang, Leiter des Instituts für Psychogerontologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. „Wer an die Zukunft denkt, der zeigt oft auch mehr Verantwortung für sich und andere. Altern ist also ein echtes Zukunftsthema, das heute Menschen jeden Alters berührt und dabei Gutes bewirken kann.“ Von großem Interesse ist auch, ob und wie der Gewinn an Flexibilität im Umgang mit der eigenen Zeit vom Einzelnen genutzt wird, und wie sich der insgesamt geringer werdende Zeithorizont auf das Handeln und die Lebenszufriedenheit älterer Menschen auswirkt.
Die Welt altersgerechter gestalten
Unklar ist noch, wovon es abhängt, dass manche jüngere Menschen sich für diese Themen öffnen und andere sich bis zuletzt nur wenig Gedanken über die eigene Zukunft machen. Dieses Wissen jedoch ist für Politik und Gesellschaft essenziell, wenn es darum geht, die Welt altersgerechter zu gestalten. An dieser Stelle setzen die beiden Studien „Zonen des Übergangs“ und „(Zeit er)Leben in Deutschland“ an, die nun mit Befragungen von mehreren tausend Personen zwischen 30 und 80 Jahren im Rahmen des neuen Forschungsprojekts „Alter(n) als Zukunft“ ein zweites Mal aufgelegt und deutlich erweitert werden sollen. So sind mehrjährige Untersuchungen geplant, wie Menschen heute ihre Zukunft vor dem Hintergrund des demographischen Wandels wahrnehmen und was sie für ihr Alter erwarten.
Das Projekt verknüpft soziologische und psychologische Sichtweisen in einem Mehr-Methoden-Design, zu dem quantitative wie qualitative Verfahren, Experimente sowie Online- und Survey-Erhebungen gehören. Entstehen soll ein weltweit einzigartiger Datensatz zum Alternserleben und zukunftsbezogenen Handeln. Dabei werden die drei zentralen Themen zu den Bildern des Alterns, zum Vorsorgehandeln und den Fragen zur Zeitgestaltung – die eng zusammengehören – nicht separat, sondern zusammen, aber mit unterschiedlichen Methoden analysiert.
Bedeutet alt hilflos oder weise?
Ein Ländervergleich zwischen Deutschland, den USA und Hongkong setzt die Resultate in einen internationalen Kontext, denn Altern wird selbst in ähnlichen Industriegesellschaften unterschiedlich organisiert. Das zeigt zum Beispiel der Übergang in den Ruhestand: Während es in Deutschland klare – wenngleich inzwischen erhöhte – Altersgrenzen gibt, wann ein Arbeitnehmer in die Rentenphase eintritt, wird dies in den USA viel flexibler gehandhabt. Andererseits steht in Deutschland und den USA das Bild der hilflosen, vergesslichen Alten deutlicher im Vordergrund als in Hongkong, wo hohes Alter vor allem mit hohem Respekt verbunden ist.
„Alters-Stereotype wirken oft als Leitbild der eigenen Entwicklung“, weiß Rothermund aus Vorstudien. „Von Alten wird allerdings bei uns das ,active ageing‘ eingefordert – vom bürgerschaftlichen Engagement über sportliche Aktivitäten, gesundheitliche Vorsorge und lebenslanges Lernen bis hin zum Zusatzverdienst zur schmalen Rente. Damit geraten diejenigen, die sich nicht mehr aktiv zeigen können, unter zunehmenden inneren und äußeren Druck“, benennt Soziologe Lessenich eine aktuelle Tendenz zum sich verändernden Altersbild.
„Wie Menschen über die Zukunft denken“, so Lang, „ist schließlich entscheidend dafür, wie Menschen für sich selbst oder für andere vorsorgen. Wer wenig über die Zukunft nachdenkt, wird auch weniger tun.“ Lang weiter: „Das Projekt kann wesentlich dazu beitragen, besser zu verstehen, wie die Zukunft des Alterns und die Vorsorge für das Alter in unserer Gesellschaft gestaltet werden können.“
Ein Handbuch für die Vorsorge
Im Rahmen des Forschungsprojekts steht daher auch die Publikation eines Handbuchs auf der Agenda, das Praktikern in der Altershilfe und Entscheidungsträgern in Politik, Wirtschaft und Medien einen Leitfaden an die Hand geben soll, der in der Beratung und bei der Planung zukünftiger Angebote und der politischen Rahmenbedingungen helfen soll – ein Handbuch für die Vorsorge also.
„Wir wollen weg vom einfachen Denken, im Alter werde alles besser oder schlechter“, nennt Lessenich das Ziel. Erreicht werden soll ein „differenziertes Bild des Alterns für verschiedene Menschentypen unterschiedlichen Alters“.
Weitere Informationen für die Medien
Prof. Dr. Frieder R. Lang
Tel.: 0911 / 5302-96100
E-Mail: ipg-sekretariat@fau.de
Kooperationspartner
Prof. Dr. Klaus Rothermund
Institut für Psychologie
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Prof. Dr. Stephan Lessenich
Institut für Soziologie
Ludwig-Maximilians-Universität München
Prof. Dr. David Ekerdt
Gerontology Center
The University of Kansas
Prof. Dr. Helene Fung
Department of Psychology
The Chinese University of Hong Kong
Prof. Dr. Thomas Hess
Department of Psychology
North Carolina State University